Contragic Fine Arts | Ann Schomburg

12.9.15

On Show: Behind Blue Eyes @ Art von Frei Brunnenstraße 187

Press

http://blogs.taz.de/contextishalfthework/2015/10/13/ann-schomburg-everything-is-optional/



Art von Frei lädt herzlich ein zur Eröffnung und Einzelausstellung

Ann Schomburg: Behind Blue Eyes
9 September - 9 Oktober 2015

Fotografie // Video // Skulptur // Installation


Eröffnung: Mittwoch, 9. Sep 2015 // 19:30 - 21:30
Öffnungszeiten während der Berlin Art Week 2015 // 15 - 20 Sep // 11:00–18:00
+ Gallery Night // 16 Sep // 18:00 – 21:00


Zur Berlin Art Week zeigt die Art Von Frei Galerie eine Einzelausstellung zum Werk von Ann Schomburg (geb. 1984). Die freischaffende Künstlerin ist Absolventin der Kunsthochschule Kassel und seit 2012 in Berlin ansässig.

Der Titel der Ausstellung Behind Blue Eyes verweist auf die Augenfarbe der Künstlerin und auf eine gleichnamige Rock-Ballade von The Who aus dem Jahr 1971. Gecovered unter anderem von Pearl Jam, Sheryl Crow und Within Temptation kann Behind Blue Eyes fast als ein Klassiker gelten, als ein Stück, das man im Jazz als Standard bezeichnet würde. Ann Schomburg spielt ihn mit Virtuosität, lässt in Erzählungen an ihrer eigenen Person Klischees und kollektive Bilder aufblitzen, um ihnen doch eine eigentümliche, intime Färbung zu geben. 1982 wurden Blue Eyes auch von Elten John besungen: like a deep blue sea on a blue blue day. Im westlich-europäischen Raum stehen sie für Treue und Aufrichtigkeit, Blauäugigkeit gilt als Synonym für Naivität. Es scheint, als würden bei allem was schief läuft oder fehlerhaft ist mit den blauen Augen doch die Unschuld auftreten und die ehrliche Absicht.

Zu den ausgestellten Arbeiten:

In Behind Blue Eyes werden neue Produktionen gezeigt zusammen mit älteren und fortlaufenden Projekten, die sich der Fotografie, Videokunst, Skulptur und Installation bedienen. Auch ein Gemeinschaftsprojekt mit dem Art von Frei Künstler Sasha Boldt wird zu sehen sein.

Xarita: was ich wollte weiß ich immer erst hinterher (2015)
Xarita ist ein pflanzliches Potenzmittel für die Frau, das 2009 auf den Markt kam. Manuell aufgetragen im Intimbereich soll es zur Steigerung der Lust führen und zur sexuellen Erfüllung und Leistungsfähigkeit beitragen. Der Hang zur permanenten Optimierung und Steigerung der Effizienz, der im Zeitalter des Finanzmarkt-Kapitalismus nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche durchdrungen hat, macht vor der Sphäre des Privaten, des Intimen nicht halt, wenn sexuelle Potenz als soziales Kapital gedeutet wird. Ann Schomburgs Ausarbeitung im Bilde erzählt dabei eher vom Scheitern des Subjektes an diesen Bedingungen als von ihrer Meisterschaft.

Xarita ist ein Unikat, wird jedoch begleitet von einer Edition. Ausgangspunkt der Edition sind Fotografien, die die Künstlerin im Beisein ihres Partners und Künstlerkollegen im überdachten Poolbereich eines Frankfurter Hotels zeigen. Wie um die Intimität der Szenen zu schützen ist die Oberfläche der Fotografien verspiegelt und entsprechend sichtundurchlässig, eine Bildtechnik, die auch bei Xarita zur Anwendung kommt. Die Fotografie wird erst sichtbar, wenn die Besucherin oder der Besucher eine kleine LED Lampe im Rahmen des Spiegels einschaltet.

Wie viele von Ann Schomburgs Arbeiten gehen auch die Fotografien zu dieser Edition aus der persönlichen Lebenswelt der Künstlerin hervor, die sie als eine der wichtigsten Inspirationsquellen für ihre kreative Arbeit beschreibt. Der Gestus des Zeigens, mit dem die Fragmente dieser Welt vorgeführt werden hat dabei eine leicht exhibitionistische Dynamik. Die Künstlerin spielt damit, indem sie die Besucherinnen und Besucher zu Mittäterschaft verführt, die selber das Licht einschalten müssen, um ein Bild zu sehen, dessen Authentizität ihnen doch nie bewiesen wird.

Bag 3 aus der Serie Bags (20... - andauernd): Ann Schomburg nutzt Taschen und Handtaschen um Gebrauchsgegenstände mit sich zu führen und als modische Assecoires. Nach angemessener Nutzungsdauer legt sie ihre Taschen ab, ohne sie jedoch auszuräumen. Alle Dinge, die sich zum Zeitpunkt darin befinden, schon immer nützlich waren oder sich im Laufe der Zeit angesammelt haben, seien es Fetzen von Papier oder in einem Fall sogar ein Ehering, Erinnerung an eine vergangene Liebe, bleiben in der Tasche. Als Objekte werden diese Taschen in die Sphäre des Künstlerischen überführt. Halb geöffnet geben sie den Blick frei auf kleine Geräte, die Videocollagen abspielen. Im Falle von Bag 3 handelt es sich um Bilder eines experimentellen Roadtrips zwischen New York und Kassel. Es gibt keine Inventarlisten, die die Inhalte der Taschen dokumentieren würden. Es wird den Besucherinnen und Besuchern überlassen, in den Taschen zu wühlen, um zu sehen, was sich darin befindet. Durch ihre Neugierde oder Skepsis ob der Authentizität der Taschen werden sie zu einer Handlung verführt, die in anderem Zusammenhang als Grenzüberschreitung gelten würde.

Ann Schomburgs Arbeiten suchen weniger ein anonymes, diskursives Publikum, als vielmehr den persönlichen Dialog mit den Besucherinnen und Besuchern, um, manchmal leise, beinahe flüsternd, ihre Geschichte zu erzählen.



Text: Lena Reisner